Ernährungsberatung

Chantal Eheim

Ich bin 26 Jahre alt und habe an der Berner Fachhochschule Ernährung und Diätetik studiert, nun arbeite als als Ernährungsberaterin. Seit 16 Jahren lebe ich mit einen Diabetes Typ 1, trage einen Freestyle Libre 2 und spritze mir mein Insulin mittels Pen.

In meiner Freizeit bin ich in den Bergen unterwegs, fahre Mountainbike und Rennvelo und backe gerne mal einen Kuchen oder gehe einen Kaffee trinken.

Mir ist es ein Anliegen eure Fragen rund ums Essen, die ein Leben mit Diabetes aufwirft, fachlich korrekt und anwendungsfreundlich zu beantworten. Schreibt mir an: ernaehrung@swissdiabeteskids.ch.

Du fragst, Chantal Eheim antwortet…

Kohlenhydrate berechnen

Frage:

Liebe Chantal

Ich kümmere mich um ein Mädchen mit Diabetes Typ 1 (10 Jahre) und probiere richtig zu kochen und die Kohlenhydrate auch richtig zu berechnen. Leider sprechen sie in der Diabetesberatung nur von der Menge, aber nicht von der Qualität der Kohlenhydrate: Kartoffelstock oder Sorbet lässt den Blutzucker in die Höhe schnellen, bei Birchermüssli oder einer Fruchtwähe riskiert meine Enkelin eine Hypo.

Gibt es einen Schlüssel, wie man es trotzdem richtig berechnet? Z.B. viel Zucker: 120% KH statt 100%, Früchte 80% statt 100%. (Kann man die GLYXX Tabelle dafür verwenden?) Oder muss man auf der Nährwerttabelle nur den Anteil Zucker statt die ganze Kohlenhydratmenge berechnen? Muss man auch KH berechnen, wenn ein Essen viel Fett und Proteine enthält (z.B. Bratwurst)? Die Ärztin sagt nein, es gibt aber auch andere Theorien.

Danke für Deine Antwort als Fachfrau und Direktbetroffene.

LG, U.

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Antwort:

Liebe U.

Danke für Deine spannende Frage. Gerne würde ich die Frage in zwei Abschnitten beantworten:

Kohlenhydrate berechnen

Kohlenhydrate von folgenden Produktegruppen müssen immer berücksichtigt werden:

  • Stärkebeilagen: Brot, Teigwaren, Reis, Getreide (Mehl, Flocken, Griess), Mais, Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen) und Kartoffeln
  • Früchte
  • Milch, Buttermilch und Jogurts
  • Süssigkeiten, Zucker: Kuchen, Guetzli, Glace, Schoggi, etc
  • Malz: Ovomaltine (und später ggf. Bier)

Um die Kohlenhydrate zu berechnen zählt immer die Spalte «Kohlenhydrate» in den Nährwertangaben. Die Spalte «davon Zucker» kannst Du für die Berechnung ignorieren.  

Kohlenhydrate werden immer gleich berechnet. D.h. unabhängig davon ob es eher schnelle oder langsame Kohlenhydrate sind und auch unabhängig davon, was es zu den Kohlenhydraten noch dazu gibt. Da gibt es keinen Schlüssel.

Lebensmittel die nur wenige Kohlenhydrate enthalten wie gewisse Gemüse oder z.B. eine Bratwurst müssen nicht berücksichtig werden.

Wirkung der Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sind lange Zuckerketten. Je kürzer diese Zuckerkette ist, desto schneller wirken die Kohlenhydrate, d.h. desto schneller geht der Blutzucker hoch. Das bedeutet, dass nicht alle Kohlenhydrate gleich schnell wirken.

Traubenzucker besteht z.B. nur aus einem einzelnen Zuckerstückchen und wirkt daher sehr schnell. Das ist der Grund weshalb es bei einer Unterzuckerung eingesetzt wird. Stärkebeilagen dagegen bestehen aus langen Zuckerketten. Aus diesem Grund geht der Blutzucker bei Teigwaren langsamer hoch als bei den Traubenzucker.

Neben der Art der Kohlenhydrate ist auch die gesamte Zusammenstellung der Lebensmittel oder der Mahlzeit entscheidend, wie schnell die Kohlenhydrate wirken. Fette, Proteine und Nahrungsfasern (Ballaststoffe aus Gemüse, Früchten und Getreideprodukten) bremsen den Blutzuckeranstieg.
Dies ist zum Beispiel der Unterschied zwischen einem Sorbet und einer Rahmglace. Das Sorbet besteht fast ausschliesslich aus Frucht und Zucker während die Rahmglace noch Rahm dabei halt welcher als Bremse dient. Der Blutzucker steigt bei einer Rahmglace also weniger schnell an als bei einem Sorbet.

Damit dieser Bremseffekt optimal ausgenutzt werden kann, empfehle ich Dir Kohlenhydrate immer noch mit Proteinen, Gemüse und/oder Fett zu kombinieren. Also zum Beispiel Kartoffelstock mit einer Bratwurst mit Sauce und Rüebli. Die Kohlenhydrate aus dem Kartoffelstock müssen aber berechnet und entsprechend mit Insulin abgedeckt werden.

Ich hoffe, ich konnte Deine Fragen beantworten. Falls aber noch offene Fragen oder Unklarheiten bestehen, darfst Du natürlich gerne nochmals nachfragen. 

Ich grüsse dich herzlich!

Chantal